„Wir verlieren in Südhessen täglich bis zu 2 ha Fläche“. Das sind 20.000 Quadratmeter – jeden Tag. Mit diesem eindringlichen Statement verdeutlicht Herr Dr. Billau vom Regionalbauernverband (RBV) Starkenburg in seiner Rede auf dem IGAB-Aktionstag „Informieren beim Spazieren – Rundgang durch die zukünftigen Gewerbegebiete“ die Bedrohung der hiesigen Landwirtschaft durch die stetige Umwandlung von Ackerflächen in Bauland.

Der RBV Starkenburg vertritt als berufsständische Organisation ca. 3.000 Landwirte in den fünf südhessischen Landkreisen. Die Landwirte bewirtschaften momentan noch 60.000 ha Ackerland. Demgegenüber stehen jedoch laut dem vom Regierungspräsidium in Auftrag gegebenen Regionalen Entwicklungskonzept riesige Flächenverluste von über 8.000 ha für Wohn- und Gewerbebebauung in den nächsten zehn Jahren in Südhessen. Hinzu kommen noch über 2.000 ha Ausgleichsfläche für die ICE-Neubaustrecke und den Ausbau der BAB 67.

Für Dr. Billau bedeutet dies, dass auch die Region Rhein-Main sich über Nachhaltigkeit keine Gedanken zu machen scheint. Anders sei nicht zu erklären, dass im Norden Darmstadts auf bis zu 240 ha Ackerland, das von den landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieben vor Ort dringend zur Erzeugung regionaler Produkte gebraucht wird, neue Gewerbeflächen geplant werden. „Nachhaltigkeit bedeutet, auch den Generationen nach uns die Möglichkeit zu bieten, sich vor Ort bzw. regional sicher und gut zu ernähren.“

Zukünftig wird sogar noch mehr Land benötigt, um die Bevölkerung autark zu ernähren. Grund sind Änderungen in der EU-Agrarpolitik zur Extensivierung der Landwirtschaft, insbesondere durch Reduktion von Pflanzenschutzmitteln und Umwidmung von Teilen der bewirtschafteten Flächen für den Natur- und Artenschutz. Wie wichtig die regionale Versorgung ist, hat die Covid-Pandemie deutlich gezeigt.

Es ist zudem kein Zeichen von Nachhaltigkeit, wenn die Elterngeneration die besten Standorte verbaut und für die Kinder und Enkel „nichts mehr übrig“ ist. Gerade die Böden der Rheinebene sind laut Dr. Billau durch ihre Beregnungsfähigkeit die besten und ertragsstärksten Standorte Süddeutschlands.

Auch aus Sicht des Klimaschutzes ist Pflanzenbewuchs der betonierten Fläche vorzuziehen. Die Pflanzen binden CO2 durch Photosynthese, die Böden wiederum speichern den durch die Pflanzen gebundenen Kohlenstoff. Die globalen Bodenschichten mit ihren vielfältigen funktionalen Beziehungen untereinander bilden den größten Kohlenstoffspeicher der Erde.

Durch immer mehr betonierte Flächen verringern sich auch die Grundwasserneubildungsraten aufgrund des oberflächlichen und kanalisierten Abflusses von Regenwasser. Die Auswirkungen solch einer verfehlten Baupolitik haben vor Kurzem die Bewohner des Ahrtales schmerzlich erfahren müssen. Auf der anderen Seite jedoch fehlt an vielen Stellen das Grundwasser, wie zum Beispiel in den hitze- und trockenheitsgeschädigten Wäldern.

Zum Abschluss seiner Rede betont Dr. Billau, dass der RBV Starkenburg die Tatsache verurteilt, dass die Planer zahlreiche Vorranggebiete für Landwirtschaft und Regionalen Grünzug in Siedlungs- und Gewerbeflächen umwandeln wollen. Der Bauernverband lehnt daher das von der Stadt Darmstadt rings um Arheilgen und Wixhausen geplante Gewerbegebiet entschieden ab und behält sich eine Klage vor.